Fit fürs Gelände: Techniktraining für Mountainbiker
Acht Mountainbiker der Sektion Reutlingen des Deutschen Alpenverein e.V. waren mit unterschiedlichen Erwartungen zu unserem Fahrtechnikkurs für Einsteiger am 18. Mai 2019 angemeldet. Ausgeschrieben hatten wir den Kurs für Teilnehmer ohne oder mit nur geringen fahrtechnischen Vorkenntnissen. Er soll einerseits dabei helfen, mit dem eigenen Mountainbike besser vertraut zu werden und die individuell optimalen Einstellungen der Sitzposition und des Cockpits zu finden - andererseits aber auch die grundlegenden Fahrtechniken wie Balance, Bremsen, Kurven fahren und das Überwinden von Hindernissen vermitteln. Wir zeigen unseren Teilnehmern dabei spielerische Übungen, die jeder im Anschluss an den Kurs auch zuhause und unterwegs auf Tour regelmäßig und mit wenig Aufwand wiederholen kann. Mehr Sicherheit im Umgang mit dem Mountainbike bedeutet übrigens automatisch mehr Spaß auf Trails und anderen Strecken, da sich Kraft und Ausdauer damit clever schonen lassen. Über die eigene Sicherheit hinaus ist fahrtechnisches Können aber auch entscheidend für rücksichtsvolles Verhalten in der Natur, da bei der Ausübung unseres Sports selbstverständlich weder Wege noch Pflanzenbewuchs beschädigt werden sollen. Gerade im Gebirge können schon kleine Schäden beim nächsten Unwetter schwerwiegende Folgen haben. Für Mountainbiker ist die richtige Fahrtechnik daher besonders wichtig um Wege zu schonen und keine Spuren zu hinterlassen.
Wir trafen uns morgens um 10:00 Uhr auf dem Parkplatz des Mössinger Freibades und starteten mit einer Kennenlernrunde, bei der wir erst unsere bisherigen Erfahrungen auf dem Bike und die Erwartungen an den bevorstehenden Kurs austauschten. Im Anschluss folgte der obligatorische Bike-Check. Unsere Teilnehmer lernten dabei, welche Kontrollen man grundsätzlich vor einer Tour an seinem Mountainbike durchführen sollte. Von den Bremsen, über den Antrieb, die Federelemente und Lager bis hin zum idealen Reifendruck für die ideale Kombination aus geringem Rollwiderstand und bestmöglichem Grip wird das Mountainbike dabei genau unter die Lupe genommen. Beim Bike-Check ist es übrigens egal, ob das Rad brandneu ist, oder vielleicht schon einige tausend Kilometer an Trails gesehen hat: viele Teile daran sind sicherheitsrelevant und sollten daher regelmäßig vor jedem Gebrauch gecheckt werden. Der relativ geringe Zeitaufwand erspart womöglich auch die eine oder andere unangenehme Panne unterwegs. Um unsere Sportgeräte für die folgenden Übungen vorzubereiten galt es aber auch, die korrekte Einstellung von Cockpit und Sitzposition zu finden. Da dies leider viel zu oft schon beim Kauf vernachlässigt wird, gab es hier einiges zu tun und für unsere Teilnehmer auch einiges zu lernen, bevor wir uns danach auf unsere Mountainbikes schwingen konnten.
Balance auf dem Bike gehört zu den Grundfähigkeiten eines Mountainbikers und erfordert eine Menge an Übung. Mit der richtigen Technik verzeichnet man hier aber schnell die ersten Erfolge, auf denen man weiter aufbauen kann. Um uns langsam heranzutasten starteten wir daher mit ersten einfachen Übungen, bei denen die Gruppe ihr Gleichgewicht auf die Probe stellen konnte. Zu Beginn durften die Teilnehmer in einem vorher definierten Feld frei fahren. Bei jeder Begegnung zweier Biker galt es, dem Gegenüber kurz die Hand zu schütteln, ohne dabei vom Rad abzusteigen. Als dies bereits nach kurzer Zeit reibungslos funktionierte gingen wir zu einem kurzen Gespräch während des Händeschüttelns über und verlängerten damit die Zeit, in der das Gleichgewicht gehalten werden musste. Anschließend ging es darum, während der Fahrt einen Gegenstand vom Boden aufzuheben. Dies gestaltete sich zu Beginn mit einer 30 Zentimeter hohen Pylone noch relativ einfach und wir konnten uns schnell an kleineren, schwierigeren Gegenständen wie unseren Trinkflaschen oder sogar Tennisbällen versuchen.
Um die Teilnehmer auf die Königsdisziplin der Balance – den Trackstand - vorzubereiten, durfte sich jeder zuerst seitlich oder frontal mit dem Vorderrad an einem Gegenstand anlehnen und musste so versuchen, die Balance auf dem Bike zu halten. Wer dies beherrschte, übte das freie Stehen auf dem Rad. Wichtig ist diese Technik als Grundlage für das Befahren von sehr engen Spitzkehren und später dann auch um das Hinterrad zu versetzen.
Das Thema Sicherheit beinhaltet natürlich auch das richtige Bremsen. Als Einstieg befassten wir uns daher zuerst theoretisch mit der Funktion der Vorder- und Hinterradbremse. Im Stehen testeten wir an unseren Mountainbikes wie sich das Betätigen der beiden Bremsen und die unterschiedliche Dosierung auswirken. Von der richtigen Haltung und dem Körperschwerpunkt, bis hin zur Sattelstellung und dem richtigen Timing führten uns verschiedene Übungen zu einem kleinen Wettkampf: dem Kartonrutschen. Zwei Gruppen traten dabei mit dem Ziel, ein Stück Karton durch koordinierten Einsatz der Hinterradbremse über die Ziellinie zu manövrieren, gegeneinander an.
In der gemeinsamen Mittagspause bestand für alle genügend Zeit, sich ausgiebig zu unterhalten, Fragen zu stellen und natürlich auch um sich über diverse Bike-Themen auszutauschen. Nebenbei stärkten wir uns für den zweiten Teil des Kurses, der aus den Themen „Kurven fahren“, „Hindernisse überwinden“ und aus einer gemeinsamen Tour zum Abschluss bestehen sollte. Schon bei den ersten Übungen bemerkten unsere Teilnehmer schnell, dass sich der Aufwand, den sie zuvor in die Balance investiert hatten, lohnen sollte: sie ist die Grundlage für alle weiteren Übungen auf dem Bike und sollte daher auch laufend weiter geübt und perfektioniert werden.
Beim Kurven fahren ist die Blickrichtung entscheidend. Unsere Teilnehmer lernten schnell, immer dorthin zu blicken, wohin sie fahren möchten. Dabei gilt es, möglichst weit vorausschauend zu fahren, um gegebenenfalls Hindernisse rechtzeitig wahrzunehmen. Die Gefahr, eine Gefahrenstelle direkt anzusteuern ist sehr groß, wenn man dieser während der Fahrt zu viel Aufmerksamkeit widmet. Wenn also zum Beispiel ein Baum gefährlich nahe an der Strecke stehen sollte, bleibt der Blick trotzdem auf den Trail gerichtet. Bei Kurven ist es sinnvoll, das Kurvenende anzuvisieren. Nachdem wir Kurven ausgiebig geübt hatten ging es darum, Hindernisse zu überwinden indem wir das Vorder- und das Hinterrad entlasten. Wer das beherrscht, der kann bereits kleinere Hindernisse während der Fahrt einfach überwinden und legt sich damit auch gleich den Grundstein für Fahrtechniken für Fortgeschrittene wie zum Beispiel den „Bunny-Hop“ oder das „Hinterrad versetzen“.
Für die Tour, die wir als Abschluss unseres Fahrtechnikkurses geplant hatten, wählten wir eine kurze Strecke von 12 Kilometern und 230 Höhenmetern, die auch einen teilweise recht anspruchsvollen Singletrail beinhaltete. Der durch das Wetter der letzten Tage noch sehr nasse Boden machte ihn nicht unbedingt einfacher zu fahren. Steile Abhänge und kurze knackige Anstiege, Treppenstufen und Baumstämme wollten befahren werden… Sogar einen kleinen 40 Zentimeter hohen Drop für Sprünge konnten wir ausfindig machen. Die Tour beinhaltete damit genügend Elemente die uns Gelegenheit gaben, das zuvor Gelernte direkt auf dem Trail umzusetzen.
Kurz nach 16:00 Uhr trafen wir wieder am Ausgangspunkt unserer Tour ein und schauten in acht zufriedene Gesichter, denen wir eine Menge an Anleitungen zur sicheren und rücksichtsvollen Technik auf dem Mountainbike vermitteln konnten. Insgesamt blicken wir auf einen kurzweiligen Tag mit einer tollen und motivierten Teilnehmergruppe zurück. Jeder einzelne konnte innerhalb kürzester Zeit große Fortschritte machen und für alle heißt es ab jetzt üben, üben, üben... Wir sind uns sicher, den einen oder anderen auf unserem Folgekurs „Fahrtechnik für Fortgeschrittene“ wiederzusehen.